25
Sep
2006

Die Yilmazes

Ich gehe mal davon aus, das der Name Yilmaz unter unseren türkischen Leidensgenossen durchaus stark vertreten sein dürfte. Wenn sie also Yilmaz heißen, lieber Leser, ersetzen sie einfach ihrem Namen in diesem Text durch den Namen Schmidt.
Ich berichte von der Familie Yilmaz, da es die wohl eindrucksstärkste Familie ist, denen ich in letzter Zeit meine Hilfe zukommenlassen durfte.

Die Familie besteht aus immer wieder wechselnden Gesichtern, die sich jedes Mal bei einem Besuch im Fantastika in einem über die Jahre antrainierten Ritual um das Gerät ihrer Wahl versammeln und dann lautstark ausdiskutieren, wer von ihnen Kredittechnisch noch unbelastet ist, um dann mit mir eine lustige Reise durch die fantastischen Katakomben zum Finanzierungsbüro zu unternehmen. Das Finanzierungsbüro ist ein Raum von ungefähr zwölf Quadratmetern in dem ca. 18 Leute und ein ziemlich großer Kopierer Platz haben, wie ich neulich herausfinden durfte.

Der Kreditnehmer ist heute eine Dame, die recht trübe aus ihrem Kopftuch herausschaut und kaum ein Wort Deutsch sprechen kann. In ihrem Namen erbitte ich online einen Kredit bei der zuständigen Bank, damit sie sich ein Autoradio, zwei Endstufen, zwei Koppelkondensatoren (für mehr Power) und einen Doppelbass mit mehr Schwingspulen im Chassis, als Sohn Ahmet Synapsen im Hirn hat.

Doch, oh Schock, oh Graus, die Finanzierung wird abgelehnt. Während sich das rote alamierende Licht des Computerbildschirms in Ahmets Schweißperlen spiegelt, tippe ich die Nummer der Bank in das vorsinnflutliche Telefon auf dem Schreibtisch und warte, bis die Ansage sämtliche Nummern durch hat, die ich drücken soll, um noch schnellere Hilfe zu bekommen. Am Ende werde ich mit einem lebenden Menschen verbunden. "Da müssen wir leider bei der Ablehnung bleiben, Josh" (sie nennen mich Josh), und ich reiche den Hörer zwecks Begründung der Ablehnung, die ich natürlich nicht zu wissen habe, weiter an Ahmet, der für seine Mutter spricht. "Wieso, der Kredit ist doch schon bezahlt", höre ich ihn ins Telefon schnautzen, "ach so, jaaa, das ham wa vergessen. Geht das jetzt nicht? Wie Schufa? ... Ist das schlecht?" Plötzlich wird es ganz still und ich frage mich, was da wohl schief gelaufen sein könnte.

Vorbei an diversen Büro´s und Besprechungsräumen wieder in den Verkauf gelangt, stürzt sich die Herde die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. Ahmet fragt mich, ob er das gleich nochmal über seinen Bruder versuchen könnte.
Kann man da nein sagen? Ja, kann man. Hab ich aber nicht. Es wäre ja gelogen. Wenn er sich unbedingt weiter demütigen lassen möchte, bitte. Obwohl ich offensichtlich nicht so wichtig für ihn bin, das ihm irgendetwas vor mir Peinlich wäre. Also kommt eine Stunde später Ahmet mit seinem Bruder Mustafa um die Ecke und wir verziehen uns abermals, diesmal allerdings nur zu zweit in unser kleines gemütliches Finanzierungsschäppchen. "EC-Karte brauche ich, und´n Ausweis," flöte ich freundlich und denke, rot ist eine schöne Farbe. Bruder Mustafa entlehrt seine Taschen: Vor mir liegen, eine Sicherheitsnadel, ein Feuerzeug, ein Stift, eine angegammelte EC-Karte und sein Identifikations-Dokument. Darauf stehen die Lettern in jener Reihenfolge:

D U L D U N G !
unübersehbar aufgedruckt, eingestanzt, ins Papier hineingepresst, wie er sich in den Kundensessel. Und schon ist der Spaß vorbei. Ich stelle schon kurze Überlegungen an, wie ich mich am effektivsten hinter dem Schreibtisch verschanzen oder zur Wehr setzen könnte, doch Ahmets Zorn richtet sich allein gegen seinen Bruder. Der wiederum brüllt mich an, was Ahmet noch lauter schreien läßt, worauf ein erschrockener Kollege plötzlich in der Tür steht.

Die beiden Yilmazes verstehen, das hier nichts zu holen ist und stürmen hinaus, nicht ohne sich dabei gegenseitig anzukeifen, das beinahe der Putz von den Wänden gekrochen kommen will. Bei ihrem nächsten Besuch werden wir ihnen leider erklären müssen, das unser Finanzierungsbüro, beliebtes Ausflugsziel der Yilmazes, leider Abgebrandt ist. Sie werden sehr traurig darüber sein. Aber das macht nichts. Dafür lüge ich doch gerne mal.
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Ich find's meist großartig. Nicht immer und standardmäßig,...
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offensiv aber sicher nicht ganz unbegründet. ausserdem...
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Karl Kackbratze hatte immerhin eine Wahl und die hat...
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